Dienstag, 11. Februar 2014

"Deutschland misshandelt seine Kinder" Michael Tsokos, Saskia Guddat



Letztes Jahr habe ich innerhalb einer Woche alle Bücher von Michael Tsokos gelesen und als ich hörte, dass er an einer neuen Publikation arbeitet, war es klar, dass ich sie lesen muss. Letzte Woche erschien das Buch und als ich den Titel sah, war es klar, dass es mit den vorherigen nicht viel gemeinsam hat.

Dieses Mal hat Tsokos, zusammen mit seiner Arbeitskollegin Saskia Guddat, ganz anderes Thema aufgegriffen. Sicherlich hängt es mit seiner Arbeit zusammen, für den Leser wird dieser Wandel vermutlich überraschend sein. Das Autorenpaar widmet sich den Toten nur mittelbar, im Vordergrund stehen die Kinder. Es sind Kinder, die keine unbeschwerte Kindheit genießen können, sondern tagtäglich misshandelt werden. Tsokos und Guddat verschönern nichts, sie verschweigen auch nichts. In klaren, nüchternen Worten gehen sie auf das Schicksal dieser Kinder ein, analysieren die Ursachen dafür und, was ich am wichtigsten finde, unterbreiten konkrete Vorschläge, wie man diese Situation ändern kann.

Die Fakten sind ernüchternd - jede Woche werden in Deutschland rund siebzig Kinder misshandelt, jede Woche sterben in Deutschland drei Kinder infolge der Misshandlung. Dabei wurde die Dunkelziffer noch gar nicht miteingerechnet. Jeden Tag, irgendwo in Deutschland, leiden Kinder - meistens Kleinkinder, fast immer sind sie Opfer ihrer Eltern oder deren Partner. Unfassbar, skandalös und kaum zu glauben.
Der Leser fragt sich automatisch, wie diese Misstände in einem hochentwickleten, reichen Staat wie Deutschland möglich sind.
Tsokos und Guddat halten die Antworten parat.

Die Jugendämter verfügen über genug Geld, das jedoch falsch disponiert wird. Die problematischen Familien werden regelmäßig von ihren Betreuern besucht. Die meistens jungen, engagierten Mitarbeiter blicken optimistisch in die Zukunft, bauen eine in ihren Augen gute Beziehung zu den Familien auf, indem sie die Besuche ankündigen, indem sie die Fortschritte der Familie dokumentieren und gleichzeitig die Augen auf das Leid der Kinder verschliessen. Das passiert aus mehreren Gründen - Unerfahrenheit, Zeitdruck, fehlende rechtsmedizinische Kenntnisse spielen sicherlich eine große Rolle. 
Die Überzeugung, dass ein Kind bei seinen Eltern am besten aufgehoben ist, geht meistens nach hinten raus. Die Eltern, die misshandeln, werden durch Besuche der Sozialmitabeiter nicht geheilt, meistens leiden sie unter einer psychischen Störung, wurden in der Kindheit selbst schwer misshandelt und sind nicht imstande aus diesem Teufelskreis rauszukommen. 

Ähnliches passiert bei vielen Kinderärzten, die Misshandlungsspuren nicht erkennen, die wegsehen, die es nicht glauben, dass Eltern zu solchen Taten fähig sind. Durch einfache Ausreden lassen sie sich einlullen und haken häufige Verletzungen der Kinder als Folgen kindliches Ungeschicks oder Geschwisterraufereien ab. 
Sogar die Richter und Schöffen lassen sich durch das ordentliche Aussehen der Eltern täuschen und geben den von den Rechtsmedizinern geschilderten Verletzungen keinen Glauben. Zugunsten der Eltern muss das Gericht auch entscheiden, wenn die Tat keiner Person direkt zugewiesen werden kann. Nicht selten entlasten die Eltern sich gegenseitig und gehen aus dem Gerichtsaal mit ihrem Kind nach Hause. 

Eine Obduktionspflicht oder zumindest Leichenschau bei aller Kindern mit ungeklärter Todesursache würde viel Klarheit schaffen und zumindest den Geschwisterkindern zugunste kommen. 

Man muss hinzufügen, dass auch in diesem Buch zahlreiche Fälle aus der medizinischen Praxis der Autoren skizziert werden - sicherlich keine leichte Lektüre - sie dominieren jedoch nicht, sollen lediglich das Ausmaß der Misshandlung aber auch die verschiedenen Situationen, in denen es dazu kommen kann, illustrieren und veranschaulichen. 

Viel wichtiger ist der letzte Teil, in dem Tsokos und Guddat konkrete Lösungsvorschläge für die Verbesserung der Lage der misshandelten Kinder unterbreiten. Ich hoffe sehr, dass dieses Buch eine weit gefächerte Debatte in Deutschland hervorrufen wird. Änderungen im System und vor allem im Bewusstsein der Deutschen sind dringend nötig. 
Deswegen möchte ich, liebe Leser, gemeinsam mit den Autoren bitten - verschließt eure Ohren und Augen nicht, seid wachsam und helft den Kindern! Nur wir Erwachsene können etwas für sie tun!

Michael Tsokos, Saskia Guddat mit Andreas Gößling, Deutschland misshandelt seine Kinder, 254 Seiten, Droemer 2014.

Freitag, 19. April 2013

"1. Moses 22" Magda Szabó



Auch in diesem Roman überzeugt Magda Szabó mit ihrem außergewöhnlichem Talent, Emotionen und Spannungen in Worte zu fassen. Dieses Mal knüpft sie an die Eltern-Kind-Beziehung an. 
Die Eltern haben ihre Jugend verpasst - sie fiel gerade in die Zeiten des Zweiten Weltkrieges. Damalige Ereignisse, Ängste und Traumata haben sie so stark geprägt, dass sie unfähig sind ihre Kinder unbeschwert zu erleben, erziehen und nicht zu belasten. Zu stark auf sich konzentriert, zu egoistisch sind sie nicht im Stande ihren Kindern eine liebevolle Kindheit zu schenken. Keins der kindlichen Probleme, keins der Erlebnisse kann sich an den Kriegsgeschehnissen, die den Eltern zuteil wurden, messen. 
Die Kindheit wird durch Vorwürfe und Kritik überschattet. Die Kinder wollen und können nicht den Anforderungen der Eltern gerecht werden - eine bedingungslose Dankbarkeit und falsch verstandene Höflichkeit sprengen das kindliche Verhaltenskodex.
In dieser traurigen Welt fehlt unbeschwertes Spiel, ehrliches Lachen aber vor allem Gefühle. 

Die Handlung des Romans spielt an einem Tag ab, von den Aussagen der einzelnen Protagonisten erfahren wir jedoch die Ereignisse des Vortages. Mit jeder Seite versteht der Leser besser, warum Gabi (noch ein Teenager) überstürzt Miklós geheiratet hat. Die Hochzeit scheint niemanden zu freuen. Die von den jungen Menschen geplante Heirat und Schwangerschaft sollten eine Flucht von der toxischen Kindheit sein. Der Plan geht jedoch nicht auf - das ersehnte Freiheitsgefühl stellt sich nicht ein.

Szabó stellt ihre Protagonisten parallel zu den biblischen Gestalten - Abraham und Isaak. Dadurch quasi zwingt sie dem Leser die Reflexion über das Opfer und seine Passivität auf. Wie gewöhnlich bewertet Szabó nicht, viel mehr möchte sie inspirieren. Sie wirft Fragen auf und provoziert. Lohnt ein Protest? Ist es der beste Ausweg für ein Opfer? Vielleicht gibt es gar keine idealen Auswege? Mit diesen Fragen ausgerüstet, hat man viel Stoff zum Nachdenken, bis man einen weiteren Roman der Ungarin liest.

Meine Bewertung: 5/6

Magda Szabó, Tylko sam siebie możesz ofiarować (Mózes egy, huszonketto), tł. Krystyna Pisarska, 168 str., PIW 1974.

Mittwoch, 30. November 2011

"Das Schlachtfest" Magda Szabó



Schon lange habe ich auf so ein tiefgründiges, bewegendes Buch gewartet. "Das Schlachtfest" wird sicherlich noch Wochen in meiner Erinnerung bleiben, mich beunruhigen und zum Nachdenken zwingen. 

Szabó thematisiert in einem ihrer besten Romane eine ganze Palette von Themen und Problemen - man kann sie jedoch alle zu einem Oberbegriff zusammen fassen - Mangel an zwischenmenschlicher Kommunikation. 
Die Autorin lässt die vergangenen und aktuellen Geschenisse von mehreren Stimmen erzählen - jede Person, die in Janós' Leben involviert ist, stellt ihre Erlebnisse und Empfindungen dar, so dass der Leser sich selbst das volle Bild dessen, was passiert ist, mühsam erarbeiten muss. Ich schreibe mühsam - aber die Mühe ist sehr positiv, trägt sie doch ein durchaus positives Ergebnis mit sich mit: am Ende wird man mit einem vielfältigem Bild des Geschehens belohnt und kann die Beweggründe aller Protagonisten verstehen.

Seite für Seite schildert Szabó die Geschichte zwei Familien: der Tóths - Nachkommen armer Seifenhersteller und der Kemerys - Nachkommen reicher Grundbesitzer. Janós Toth und Paula Kemery heiraten zwar aber ihre Ehe wird von beiden Familien nicht akzeptiert. Der erstaunte Leser wird erfahren, dass nur Janós seine Ehefrau liebt. Er gibt für sie sein bisheriges Leben auf, seine Lieblingsgegenstände landen auf dem Dachboden, seine Werte werden ausgelacht, seine Manieren ebenfalls. Paula bleibt dagegen lange ein Rätsel - kühl, elegant, berechnet und stolz wirkt sie sehr unsympathisch. Warum hat sie den verachteten Janós geheiratet?

Sehr große Rolle spielt im "Schlachtfest" die Erziehung - durch sie werden die Charaktere der Kinder determiniert und ihr weiteres Schicksal bestimmt. Paula und ihre Geschwister werden sehr streng erzogen. Angst, Drill und Hunger beherrschen ihre Kindheit. Im Haus von Kemerys spielen sich schreckliche Szenen ab, das Böse lauert in jeder Ecke, lähmt und erstickt die Kinder. 
In Janós' Familie wird dagegen geschwiegen - die Mutter liebt zwar ihre Kinder aber redet nicht über eigene Empfindungen und Sorgen. Alle leben nebeneinander und verlieren langsam die Fähigkeit sich zu unterhalten. Ironischerweise ist Janós ein ausgezeichneter Lehrer und Erzieher, er hat einen wunderbaren Zugang zu seinen Schülern.

Obwohl Szabó Janós im Mittelpunkt der Handlung stellt, nicht er ist der Hauptprotagonist. Es sind die Frauen, die das Leben ihrer Familien beeinflussen und alle Entscheidungen treffen. Allerdings fällt es schwer nur einen einzigen positiven Charakter in Szabós Roman zu finden - alle Personen haben negative Egenschaften  und können beim Leser keine Sympathie gewinnen. 

Das schneereiche Dezemberwetter harmonisiert mit dem kühlen Ton des Romans und verstärkt das Entsetzen, dem der Leser während der Lektüre nicht entkommen kann. Trotzdem wollte ich gar nicht dieser schweren Atmosphäre entkommen, ich ließ mich von ihr beherrschen hin und verfolgte gebannt das Geschehen.

Meine Bewertung: 6/6

Magda Szabó, Świniobicie, tł. Krystyna Pisarska, 188 str., PIW 1977.

Dienstag, 22. November 2011

"Hinter der Tür" Magda Szabó



Szabós Roman habe ich sehr lange gelesen - verschiedene Aktivitäten haben mich ständig vom Lesen abgehalten. Die Zeit reichte nur für ein paar abends schnell geschluckte Seiten, was den Lesegenuss sehr beeinträchtigt hat. Dabei wusste ich, dass "Hinter der Tür" ein der besten Romane von Szabó sein soll. Ich las also weiter bis ich merkte, dass ich das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen wollte.

"Hinter der Tür", ganz typisch für Szabós Werk, ist ein psychologischer Roman. Zwei Frauen stehen im Mittelpunkt. Magda - eine aufgeschlossene Schriftstellerin, herzlich und offen, zieht mit ihrem Mann in eine neue Wohnung ein. Emerenc - eine einfache Frau, die eine nah gelegene Dienstwohnung ihr Zuhause nennt. Sie sorgt für die ganze Straße - putzt, fegt, kocht, besorgt und umsorgt alle, nicht zu vergessen die Tiere, die sie besonders ins Herz geschlossen hat. 
Es ist jedoch nicht Magda, die Emerenc einstellt, sondern die resolute Putzfrau sucht selbst ihre "Herrschaften"aus, nachdem sie sich in der Umgebung nach ihrem Ruf erkundigt hat. 
Emerenc ist apodiktisch, herrisch, sie bestimmt, wie ihre Einstellung geregelt wird, wann sie putzt, was sie kocht und wer sich um den Hund kümmert. Zu all dem ist sie geheimnisvoll - die Tür zu ihrer Wohnung bleibt immer geschlossen. Alle Gäste werden in dem kleinen Vorraum empfangen, Emerenc lässt niemanden wissen, was sich hinter ihrer Wohnungstür verbirgt. Trotzdem ist sie unter allen Nachbarn ausgesprochen beliebt und auch zwischen Magda und ihr entsteht eine besondere Beziehung.

Es fällt mir schwer ihre gegenseitigen Gefühle zu beschreiben. Es ist eine bitter-süße Mischung von Liebe und Hass - sie beinhaltet wunderbare gemeinsame Augenblicke extremer Nähe und tiefes Verletzen, sie polarisiert zwischen Nehmen und Geben, zwischen Harmonie und ständigem Hin und Her. Emerenc verletzt Magda mit ihrer Offenheit - sie kritisiert ihre Arbeit (nur körperliche Beschäftigung zählt), ihre Religiosität und ihr Geschmack. Magda sieht ihre Verhaltensfehler erst nach langer Zeit - der Roman gleicht einer Beichte, in der Magda mit ihrem oft unbedachtem Verhalten Emerenc gegenüber abrechnet. 
In den zwanzig Jahren, in denen Emerenc für das Ehepaar gearbeitet hatte, lernte Magda ihre Geheimnisse und ihre Vergangenheit immer besser kennen. Nur vor ihr hat sich die verschlossene Frau langsam eröffnet und ihr ihre Würde anvertraut. Magda erkennt, dass sie, obwohl sie nichts von Büchern, Kopfarbeit und Kirche hält, eine sehr weise Frau ist, die sehr viel Wärme und Liebe für die Menschen und Tiere übrig hat. 

Der Leser verfolgt die Geschichte der Beziehung der beiden Frauen aus der Perspektive von Magda und teilt somit ihre Gefühle und Ansichten. Emerenc hat deswegen lange auf mein Verständnis für ihr Verhalten gewartet, ich konnte mit dem, doch so gutem, Roman nicht warm werden. Als es aber auf ein Mal passierte, wurde ich, wie schon bei den anderen Büchern von Szabó, sprachlos. Die psychologische Tiefe und die Entwicklung der Beziehung zwischen den beiden Protagonisten machen aus dem Roman ein Meisterstück. 

Ich habe dieses Jahr sieben Romane von Szabó gelesen - dieser gehört sicherlich zu den besten, mich haben jedoch "Die Elemente" und "Das Schlachtfest" mehr beeindruckt.

Meine Bewertung: 5/6

Magda Szabó, Hinter der Tür, tł. Hans-Henning Paetzke, 303 str., Insel Verlag 1992.

Sonntag, 30. Oktober 2011

"1Q84" Teil 1 Haruki Murakami


Vor zehn Jahren fand ich Murakami ganz gut und habe ein paar seiner Romane gelesen. Aus unerklärlichen Gründen kam ich nicht mehr dazu weitere seine Bücher kennen zu lernen. Umso mehr freute ich mich auf das neue Werk des japanischen Schriftstellers. Leider blieb dieses Mal die Bewunderung aus, ich kann nicht ein mal sagen, dass mir der Roman gefallen hat. Angesicht der vielen positiven Rezensionen auf diversen Blogs, frage ich mich, warum mich der neue Murakami nicht mitziehen konnte, fand ich ihn vor zehn Jahren doch so toll. Ich vermute, dass ich mich als Leserin verändert habe, andererseits muss ich wahrscheinlich erst die anderen Bänder lesen, um den Roman wirklich bewerten zu können.

Murakami erzählt abwechselnd die Geschichte von zwei Tokioter. Zuerst lernen wir Aomame kennen - eine Fitness- und Kampfkunstrainerin sowie Mörderin. Sie sitzt in einem etwas merkwürdigem Taxi - lauscht klassischer Musik und unterhält sich mit dem Taxifahrer, wie sie am schnellsten dem Stau entkommen könnte. Schliesslich befolgt sie den Rat des Fahrers und nimmt die Fluchttreppe auf der Autobahn. Kurz danach bemerkt sie, dass die Welt anders geworden ist. Zuerst fällt ihr ins Auge ein etwas anders angezogener Polizist. Das macht sie noch nicht stutzig aber als sie am Himmel zwei Monde entdeckt, beschliesst sie, dass sie sich in einer Parallelwelt befindet, die sie spontan 1Q84, im Gegensatz zum aktuellen Jahr 1984, nennt.

Tego unterrichtet Mathematik und träumt von Schriftstellerkarriere. Sein Lektor überzeugt ihn den Roman der siebzehnjährigen Fukaeri zu korrigieren, den sie für einen Literaturwettbewerb eingereicht hat. "Die Puppe aus Luft" besticht mit einem außergewöhnlichen Inhalt, der Stil ist jedoch so unbeholfen, dass der Roman weitergehend verbessert werden muss. Tengo empfindet den Auftrag als moralisch bedenklich aber schließlich entscheidet er sich ihn anzunehmen. Langsam wird sein ganzes Leben von dem Inhalt des Buches beherrscht.

Und schließlich Fukaeri - ein ungewöhnliches Mädchen, dass bis zum seinem zehnten Lebensjahr in einer Sekte aufwuchs. Dort hat sich höchstwahrscheinlich Little People und die in ihrem Roman beschriebene Puppe aus Luft kennen gelernt. Der Leser erfährt nicht viel mehr über diese Gestalten, Murakami deutet lediglich an, dass sie dem Orwellschem Big Brother ähneln.

Ich hätte nicht erwartet, dass ich den Roman so langsam lesen werde, Murakami konnte mich für seine Parallelwelt nicht begeistern. Die Abschnitte über Little People & co. haben mich gelangweilt. Erst zum Ende des Romans fing ich an, mich für die Erlebnisse von Tengo und Aomame zu interessieren, vor allem als es absehbar wurde, dass sich ihre Leben miteinander verstricken werden. Murakamis "1Q84" bekam bei mir eine weitere Chance - ich habe den zweiten Teil bereits gelesen und der dritte Band liegt auch schon da.

Meine Bewertung: 3/6

Haruki Murakami, 1Q84, übersetzt von Anna Zielinska-Elliot, 477 Seiten, Muza 2011.

Donnerstag, 22. September 2011

"Die glücklichste Nation unter der Sonne" Þórarinn Eldjárn


Die Lektüre der dreizehn Erzählungen von Þórarinn Eldjárn hat mir großes Vergnügen bereitet. Obwohl der Autor zu den bekanntesten Erzähler Islands zählt und ich schon sehr viel Literatur aus diesem Land kennen lernen durfte, war mir sein Name bis jetzt unbekannt. Wie schade! 

Þórarinn Eldjárn überrascht, amüsiert und kann dem Leser nicht nur ein Mal ein Lächeln entlocken. Seine Erzählungen entziehen sich jeder Kategorie und obwohl es klar ist, dass er über seine Heimat und seine Landsleute schreibt, ist er sehr sparsam mit einer genauen Bestimmung von Ort und Zeit, was den Geschichten etwas an Universalität gibt. Gleichzeitig entwickelt er einen feinsinnigen Humor, so dass der Leser das Gefühl nicht los wird, dass der Autor mit einem liebevollem Augenzwicker über seine Mitbürger und ihre Schwächen schreibt.

Als erstes begeistert die Erzählung, in der Þórarinn Eldjárn erklärt, warum Island eine in unterschiedlichsten Bereichen führende Nation ist. Man muss lediglich an der Bevölkerungszahl messen, egal ob man die Schachmeister, Nobelpreisträger oder Opernsänger, die in der La Scala singen, zählt. Plötzlich rangiert Island in diesen Disziplinen auf den ersten Platz. 

Eines Tages landet in einem der entlegensten Nordfjorde ein Wikingerboot. Zufällige Beobachter stellen fest, dass die Ankömmlinge die gleiche Sprache, wie die ersten Siedler auf Island sprechen, sich ebenfalls so verhalten und mit der Landeinnahme beginnen. Es wird eine Kamera platziert und es beginnt der größte Forschungsprojekt Islands, der zudem von der ganzen Nation in Kinos verfolgt wird bis Unerwartetes passiert... Wunderbare Idee und überraschende Pointe machen diese Erzählung zu einer kleinen Perle.

Die letzte Erzählung hat mir besonders gefallen. Meister Kjartan und seine Mitarbeiter haben soeben ein altes isländisches Torfhaus fertig gestellt. Die Arbeit hat ihnen viel Schweiß und Energie abverlangt, das Haus wurde für eine Filmproduktion gebaut und musste perfekt sein. Bevor die Männer anfangen können zu feiern, kommen der Regisseur sowie der Amtsmann mit seinem Vater, um das vollendete Werk zu begutachten. Der alte Vater ist in einem Torfhaus aufgewachsen und möchte seine Erinnerungen mit der Wirklichkeit konfrontieren. Als er die Arbeiter scharf kritisiert, rasten sie aus. Die geplante Feier artet in ein Saufgelage mit Wutausbrüchen und Beschimpfungen, die unerwartete Folgen am nächsten Tag haben werden.

Die Erzählungen sind skurril, überraschend erfrischend, sie bestechen mit der Beobachtungsgabe des Autors und seinem ungewöhnlichem Humor. Ich bin mir sicher, dass die Isländer viel mehr versteckte Anspielungen in den Texten entdecken werden, trotzdem unterhalten sie auch den ausländischen Leser.
Empfehlenswert!

Meine Bewertung: 5/6

Das Buch bekam ich über Blogg dein Buch vom Conte Verlag - vielen Dank! Das Buch kann über diesen Link bestellt werden.







Þórarinn Eldjárn, Die glücklichste Nation unter der Sonne, tł. Coletta Bürling, 155 str., Conte Verlag 2011.

Freitag, 1. Juli 2011

Statistik Juni 2011

Gelesene Bücher: 8 (1 abgebrochen)
Gelesene Seiten: 2524

Nobelpreisträger-Challenge: 0
Reportagen-Challenge: 0
Japan-Challenge: 0
Nacht-Challenge: 1
Literaturpreis-Challenge: 0
Exoten-Challenge: 0
Haruki Murakami-Challenge: 0
Familien-Challenge: 1
Farbsonnen-Challenge: 0

Das beste Buch: "Das Glitzern der Heringsschuppe in der Stirnlocke" Óskar Árni Óskarsson

SuB-Höhe: 120

Immerhin habe ich es geschafft zwei Rezensionen zu schreiben, es fehlen aber noch zehn:( Die kommen bald, versprochen:)